Drei
Wochen sind vergangen und ich komme erst jetzt dazu, die Dinge nieder
zu schreiben. Am Donnerstag, den 24. März 2016, ging es für mich
zur Anschlussheilbehandlung. Schatzi, wieder unabdingbar an meiner
Seite, fuhr mich in die vier Stunden entfernte Klinik. Hier hatte ich
mich nach langer Recherche für ein spezialisiertes Programm, extra
für junge Erwachsene bis 32, angemeldet. Ich fuhr mit gemischten
Gefühlen, auf der einen Seite war es ein doofes Gefühl gleich vier
Wochen nicht Zuhause zu sein und wieder mein Umfeld wechseln zu
müssen. Schließlich war ich ja lang genug durch die
Krankenhausaufenthalte nicht Zuhause gewesen. Auf der anderen Seite
freute ich mich aber. Ich hatte die Hoffnung, endlich wieder fit zu
werden, Kraft zu tanken (auch innerlich) und einfach mal raus und weg
zu kommen. Klar würde ich auch hier sehr mit meiner Krankheit oder
die der anderen konfrontiert werden, aber es fühlte sich anders an.
Alle sitzen wir im selben Boot. Hier muss sich niemand rechtfertigen
für seine Launen, Gefühle, Traurigkeit, Müdigkeit,
Abgeschlagenheit, Narben die innerlich oder äußerlich sind, Ängste
oder Zukunftsangst. Nein, hier kann ich wirklich sein wie ich bin,
ohne ein schlechtes Gewissen gegenüber anderen zu haben. Es ist nun
mal alles verändert und das zum Teil für immer. Doch wirklich
verstehen tut das leider keiner. Könnte ich als Außenstehender auch
nicht. Also bin ich nachsichtig und versuche es auch von außen zu
sehen, um keinen Unrecht zu tun...
Nachdem
ich mich angemeldet und mein Zimmer gezeigt bekommen hatte, musste
ich zum Aufnahmegespräch. Als sich die Tür des Oberarztes öffnete,
musste ich lachend feststellen, dass man diesen aus dem Infofilm der
Klinik und des Konzeptes aus dem Internet kennt. Das Gespräch war
wirklich nett und ich hatte endlich mal das Gefühl, dass mir ein
Arzt zuhört, einfühlsam ist und mich versteht. Er fragte mich nach
meinen Zielen, was mich derzeit noch einschränkt und belastet und
welche Sportprogramme mich interessieren würden. Anhand dessen wird
mein Wochenplan erstellt. Diesen sollte ich abends bekommen.
Zum
Mittag sah ich dann meine Gruppe. Mit dieser werde ich die nächsten
vier Wochen verbringen, auch wenn nicht jeder immer die selben Kurse
hat. Aber zu den Mahlzeiten, Ausflügen und Gruppenaktivitäten oder
auch mal abends, sind wir immer zusammen. Insgesamt sind wir eine
recht große Gruppe von 15 Leuten. Erschreckend stellte sich im Laufe
der Zeit heraus, dass ich sogar die Zweitälteste bin. Ich bin
schockiert! Zu meinem Erstaunen haben auch so einige diesen Morbus
Hodgkin-Untermieter gehabt. Bei einer aus meiner Gruppe fühle ich
mich fast, als sähe ich in einen Spiegel. Sie hat zwar zwei Zyklen
mehr bekommen, Bestrahlung, noch kürzere Haare und der Tumor war um
einiges größer, aber der Rest ähnelt allem so sehr, dass es fast
schon erschreckend ist. Die Symptomatiken im Vorfeld, der
Ärztemarathon, verbliebene Nebenwirkungen... Wahnsinn. Ich bin froh
darüber, dass ich in meiner Gruppe einige Leute habe, mit denen ich
mich – speziell zu meiner Krankheit – austauschen kann. Zwei
Mädels sind sogar ein zweites Mal hier. Nach einem Jahr hat man
nämlich die Möglichkeit, noch einmal eine Reha machen zu können.
Es ist schön zu sehen, dass alles wieder bergauf geht, auch wenn bei
beiden noch lange nicht wieder alles gut und „normal“ ist.
Meine
drei Wochen waren bisher mehr als vollgepackt. Darunter viele
Sportprogramme wie Gymnastik für den Bauch und Rücken,
Wassergymnastik, Ausdauertraining, Body Workout, Muskeltraining und
Krankengymnastik. Weiterhin gibt es einige Vorträge, an denen man
teilhaben kann, so zum Beispiel für die gesunde Ernährung,
Stressbewältigung, soziale Themen und Ansprüche und auch Fatigue.
Letzteres fand ich noch einmal sehr interessant, auch wenn ich vor
einiger Zeit darüber mal eine Broschüre gelesen hatte, in der ich
mich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht wieder fand. Doch nun erkenne
ich so viele Symptome wieder. Ich dachte auch daran, wie sehr dieser
Vortrag so vielen in meinem Umfeld gut getan hätte. So würden sie
mich und so einiges sicher besser verstehen können... Die Leiterin
des Kurses sagte, man soll in der Broschüre am besten alles
markieren, was auf einen zutreffen würde und es den Mitmenschen
zeigen, damit diese unsere Situation vielleicht besser verstehen
könnten. Aber irgendwie finde ich es das auch doof. Ich will ja auch
keinen mit der Nase drauf stupsen und ständig sagen, lies doch nach,
dass hab ich und das ist mit mir oder meinem Körper los... Weiterhin
gibt es noch diverse Gruppenaktivitäten wie gemeinsames Kochen,
Sport, Gruppengespräche mit einer Psychologin, Ausflüge und Sport.
Heute Abend startet auch das Projekt „Leinwand“. Hier bekommen
wir die Aufgabe, eine Leinwand bis zum Reha-Ende anzufertigen. Wir
sollen uns Gedanken machen, was zu unserer Truppe am besten passen
würde und das dann zeichnen, kleben, mit Fotos gestalten oder
sonstiges. Am Samstag steht dann noch ein letzter Ausflug an. Wir
werden erst in die Bon Bon-Fabrik fahren und im Anschluss werden wir
gemeinsam kochen. Darauf freue ich mich schon sehr.
Ihr
seht also, hier wird es nicht langweilig und auch die Zeit ging
bisher so rasend schnell vorbei. Das hätte ich nicht erwartet. Und
auch bloggen wollte ich eigentlich etwas öfter! Aber so ist es etwas
kompakter, alles andere wäre wohl auch zu viel geworden. Und das
schöne ist: der Blog ist ENDLICH aktuell und ich muss nicht mehr so
weit in der Vergangenheit graben!!!
Alles
Liebe aus der Ferne,
eure
Jasmin