Sonntag, 28. Februar 2016

Schluss – aus – Ende! Der letzte macht das Licht aus!

Am 2. November war es tatsächlich so weit – die letzte Therapie stand an. Nachdem ich, wie üblich, wieder das Blut kontrollieren lassen hatte, ging es zum Arzt. Anschließend wartete ich wieder auf die bestellte Chemotherapie. Zwischenzeitlich ging ich noch ins Schwesternzimmer, ließ mir ein Rezept für meine Spritze (für die weißen Blutkörperchen) ausstellen und ließ mir einen Termin für das Pet-CT geben. Dieses sollte, komischer Weise, schon direkt fünf Tage später stattfinden. Ich fand es merkwürdig, denn bis die Medikationen vollends wirken, dauert es in der Regel ja immer um die 14 Tage. Innerlich hatte ich mir dieses Mal vorgenommen, einen Countdown zu machen – immer gedanklich die Medikamente abstreichen, bis das letzte durch ist und ich somit hoffentlich Chemo-frei bin.

Da meine erneute Hormon-Spritze nach den drei Monaten anstand, hoffte ich, dass ich diese zuerst abhaken könnte. Die Schwester sagte mir, dass sie mir diese aber erst nach der Therapie geben würde. Also einen Schritt gedanklich übersprungen... Da der Arzt nach meinem Medikament gegen Übelkeit keine Zeit hatte mit die Bolus-Spritzen zu verabreichen, gab es dieses Mal für mich danach direkt den Chemotherapie-Beutel. Erst dann riefen die Schwestern erneut bei dem Arzt an. Nach einigem Warten gab es endlich das letzte Mal die Spritzen. Ich hakte gedanklich weiter ab. Zum Schluss lief wieder Flüssigkeit durch. Das Grobe war tatsächlich durch – so richtig konnte ich es nicht glauben. Anschließend bekam ich noch meine Spritze für die nächsten drei Monate Wechseljahre – da ich noch nicht wusste, ob ich noch bestrahlt werden würde oder nicht. Dann verließ ich mit Schatzi an der Hand das Krankenhaus. Aber das glückliche Gefühl, was alle immer von einem erwarten, blieb aus. Ich fühlte und realisierte einfach noch nicht, dass ich nun frei sein sollte...

Rohverstopfung nach drittem Anlauf aufgelöst

Da mir mein Freund tapfer, je einen Tag nach der Therapie die Depotspritze verabreichte, dachte ich, dass ich nun bestens gewappnet sei und ich so gesundheitlich noch gut bis zum Therapieende durch schlittern könnte. Es war ja schließlich auch fast geschafft. Ich sah bereits das schillernde Band zum Durchrennen des Ziels. Und dann musste ich doch noch einen Umweg gehen, statt gerade durchlaufen zu können...

Natürlich, wie immer kurz vor dem Wochenende, machte sich der nächste Murks bereit. In meinem rechten Arm machten sich starke Schmerzen bemerkbar – eben in diesem Arm, wo ich bei und nach der letzten Chemotherapiegabe schon Schmerzen bekam. Ich dachte, dass die Vene vielleicht noch immer sehr gereizt sei. Die Schmerzen wurden immer stärker. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte. Kein Schmerzmittel half.

Am Freitag machte ich mich also auf in die onkologische Ambulanz des Krankenhauses. Der Arzt schaute nur kurz auf den Arm und drückte ein paar mal drauf. Da nichts geschwollen oder gerötet war, meinte er, dass es wohl nur gereizt sei, ich solle doch noch ein paar Tage abwarten. Wenn es nicht besser wäre, sollte ich wiederkommen.

Zuhause wusste ich vor Schmerzen nicht wohin mit mir. Nachts konnte ich auch kaum schlafen. Ich quälte mich noch durch den Samstag, bis ich abends nicht mehr konnte. Also ging es relativ spät in die Notaufnahme. Dort musste ich sehr lange warten. Noch angeschlagen von der Therapie und auch vor Schmerzen schien es sich unendlich hin zu ziehen. Nach einer Blutabnahme sollte ich zum diensthabenden Arzt. Dieser schaute ebenso nur kurz auf den Arm und befand ihn für in Ordnung. Er gab mir ein Opiat und ich sollte noch mal Platz nehmen und schauen, ob es die Schmerzen weg nimmt. Nichts passierte. Dann bekam ich noch eine Tablette von dem Opiat. Wieder nichts... Er stellte mich noch kurz einem Neurologen vor, der auch nichts feststellen konnte. Auf meine Nachfrage nach einem Ultraschall passierte auch wieder nichts.

Nachts um halb eins rief er mich erneut rein. Er wüsste nicht mehr weiter und er würde jetzt meinen Arztbericht ausdrucken. Wenn es nicht besser wird, soll ich Montag noch mal in die Ambulanz gehen, er kann jetzt auch nichts weiter machen. Ich sagte ihm, dass ich das mehr als unbefriedigend finde. Ich habe immer noch die höllischen Schmerzen und was es ist, weiß ich auch nicht. Dann schleuderte er mir folgenden Satz vor die Füße: „Sehen Sie es mal so – Sie sterben ja nicht.“ Unter „normalen Umständen“ wäre es schon ein Unding gewesen, jemandem der Schmerzen hat und stundenlang in der Notaufnahme sitzt, das entgegen zu hauen. Einem Krebspatienten gegenüber so eine Aussage zu machen – da fehlen mir die Worte. Anhand meines Gesichtsausdruckes und verächtlichen Schnaubens, schob er rasch hinterher: „Das einzige was ich aktuell machen kann, ist die Schmerzen zu lindern.“ „Diese sind aber nicht annähernd besser geworden.“ „Da kann ich dann auch momentan nichts machen. Da müssen Sie Montag in die Ambulanz gehen und es da abklären lassen.“ Ich war einfach nur wütend und aufgelöst. Auf der einen Seite waren da diese unerträglichen Schmerzen und dann noch dieser desinteressierte und unfähige Arzt - nach meinem stundenlangen Warten. Ich dachte immer, die Notaufnahme sei dafür da, Menschen in Not zu helfen... Auf dem Weg nach Hause wurde mir durch die Opiate auch noch sehr übel. Ich fiel einfach nur noch völlig erschöpft gegen zwei Uhr morgens ins Bett.

Nachdem ich am Sonntag vor Schmerz fast nur gelegen hatte, fand ich mich nun am Montag in der onkologischen Ambulanz ein. Wieder war ich bei meinem Arzt und er schaute nochmals auf den Arm. Er meinte, dass es eigentlich gut aussieht und fragte mich, ob er denn dicker sei als der andere. Sollte das nicht seine Aufgabe sein, dies zu sehen? Nach nochmaligem Wunsch nach einem Ultraschall, gab er mir einen Überweisungsschein und ich ging in die Abteilung der Angiologie. Mit etwas Glück könnte ich heute noch dran kommen. Nach einiger Wartezeit rief mich der Arzt auf. Dieser war sehr nett. Er schaute nur kurz per Ultraschall drauf und siehe da: eine Teilvenenthrombose. Vor „Erleichterung“ hätte ich heulen können. Man zweifelt doch selber schon an sich, wenn einem keiner glaubt oder einfach so wieder weg schickt. Ich bekam einen Verband mit dick aufgetragenem Schmerzgel. Dies sollte ich drei Mal täglich anwenden und den Arm kühlen. Als ich sagte, dass ich noch eine letzte Chemotherapie vor mir habe, schaute er sich meine anderen Venen an. Er bestätigte mir, dass meine zwei großen Venen nicht mehr brauchbar wären. Er schaute, welche Vene man noch nehmen könnte. Da blieb leider nur noch eine übrig, denn den rechten Arm sollte ich nicht nochmal verwenden. Diese war aber ebenso sehr dünn, sodass ich Gefahr lief, dass so etwas noch einmal passieren könnte.

Ich kühlte fleißig und rieb den Arm mit der Schmerzsalbe ein. Bereits nach zwei Tagen merkte ich schon eine Verbesserung des Schmerzes. Bis zur nächsten Therapie war sogar schon fast wieder alles in Ordnung.

Mittwoch, 24. Februar 2016

Vorhang auf für den vierten Akt

Nachdem ich meine verschobene letzte Gabe nachgeholt und wieder fleißig mit den blöden Nebenwirkungen gekämpft hatte, stand nun der Start des vierten Zyklus an. Dieses Mal dauerte alles nicht ganz so lang. Nachdem ich etwas bedröppelt aus dem Arztgespräch kam, in dem man mir sagte, dass ich wohl in dem Studienarm der Bestrahlung eingeteilt worden war, ging es fast schon wieder weiter. Nachdem ich das Mittel gegen die Übelkeit bekommen hatte, kam der Arzt und spritze mir die Bolus-Spritzen. Direkt kurze Zeit später wurde mein Arm rot und heiß. Es brannte wie Feuer. Der Arzt schaute noch mal vorbei und meinte, dass es an der kleinen und dünnen Vene liegen könnte. Da sich nun auch an diesem Arm die nächste große Vene verabschiedet hatte - wie die Schwester durch mehrfachen hartnäckigen Stechen und Geschiebe feststellte - mussten wir nun auf die Kleinen ausweichen. Die Schwester spülte mit Kochsalz nach. Dann wurde der Beutel mit der Chemotherapie angehangen. Auch hier mussten wir einige Male zwischendrin durchspülen und auch die Infusion etwas langsamer einstellen, damit mein Arm nicht mehr brannte. Auch heute waren wieder die Infusionsrädchendreher wieder auf Hochtouren unterwegs – doch dieses Mal nicht mit mir, langsam hatte ich die Nase gestrichen voll...

Bereits im Auto merkte ich, dass es mir nicht so gut ging und war froh, als wir Zuhause angekommen waren. Diese Chemotherapie war von den Nebenwirkungen wirklich die schlimmste für mich. Ich musste mich mehrfach übergeben, mein ganzer Körper war heiß und schwitzte, ich hatte Magenschmerzen, Kreislaufprobleme, Schmerzen... Und nicht eine Minute erholsamen Schlafes konnte ich ergattern. Es war wirklich ein Horror. Mein Freund war einfach nur hilflos und wusste nicht, wie er mir helfen konnte. Ich muss gestehen, dass ich nach dieser Therapie das erste mal dachte: „Ich will das nicht mehr.“

Dienstag, 23. Februar 2016

Therapie 3.2.

Nun konnte ich, wenn auch leicht verspätet, mit der letzten Gabe der dritten Therapie beginnen. Auch wenn ich es erst doof fand, dass sich die Therapie verschoben hatte, so war ich doch auch ganz froh, weil es mir nun von den Nebenwirkungen her weitaus besser ging. Wenn das sonst der Fall war, stand eigentlich schon fast wieder die nächste Therapie vor der Tür.

Auch dieses Mal wartete ich ewig auf meinen Therapiebeginn. Erst wartete ich nach der Blutabnahme fast zwei Stunden auf mein Arztvorgespräch und im Anschluss noch einmal so lang. Gegen 14 Uhr ging es dann endlich los. Selbst der Chemo-Raum war um diese Uhrzeit schon um einige Patienten leerer. Es folgte wieder etwas gegen die Übelkeit, zwei Bolus-Spritzen und die Therapie. Es neigte sich der Feierabend der Chemo-Schwestern und so wurde das Rädchen der Infusion gern mal ein wenig schneller gedreht. Ob sich die Nebenwirkungen dadurch verstärken würden, lag wohl wieder nur in meiner Sorge. Als wir endlich zum letzten Beutel mit Flüssigkeit kamen, war ich die letzte im Raum und bereits alle Schwestern, bis auf eine, im Feierabend. Im Gegensatz zu den anderen Schwestern, die schon wieder an meinem Infusionsrädchen herum gespielt hatten, nahm sie die Sache gelassen und wartete bis die Infusion durch war. In aller Ruhe druckte sie mir sogar noch meine Rezepte aus, die ich für meine Medikamente brauchte.

Natürlich war ich nicht annähernd überrascht, dass ich abends mit starken Nebenwirkungen zu kämpfen hatte. Aber damit hatte nur ich zu kämpfen, alle anderen waren ja bereits im Feierabend...

Eigentlich mag ich Rosen

Vier Tage später war ich wieder zu Blutabnahme bei meinem Onkologen. Das Blutbild war wieder nicht so doll, die weißen Blutkörperchen waren wieder unter der Norm. Außerdem hatte ich seit dem Vorabend schmerzende, leicht rote Hautstellen. Da sich bereits seit der ersten Therapie damals Haut- und Nervenschäden sichtbar gemacht hatten, dachte ich, dass es sicher wieder so etwas sein wird. Nur, dass ich sonst eigentlich keine Schmerzen hatte. Der Arzt schaute sich die Stellen an und gab mir eine Handcreme für sehr trockene Haut und Neurodermitis mit. Was ich damit sollte, war mir dann doch etwas fragwürdig. Also ließ ich erst mal alles so wie es war. Am Abend wurden die Schmerzen wirklich schlimm. Die Haut rötete sich noch mehr und kleine Punkte bildeten sich. Ich schaute mir die Stellen an und hatte einen leisen Verdacht – dieser sollte sich am nächsten Tag bestätigen.

Am nächsten Tag hatte ich immer noch dolle Schmerzen. Die Stellen sahen auch nicht besser aus und so fuhr mein Papa mit mir erneut ins Krankenhaus. Da Samstag war, musste ich in die Notaufnahme. Dort kam ich erstaunlich schnell dran. Ein kurzer gemeinsamer Blick von zwei Ärzten reichte. „Das ist sehr eindeutig Herpes Zoster“. Herpes? „Ja, ganz klassisch eine Gürtelrose. Sie müssen leider hier bleiben. Die Medikamente müssen über Infusionen verabreicht werden.“ Schon wieder ins Krankenhaus einchecken. Klasse. „Was ist wenn ich die Therapie dadurch verschieben muss?“, schoss mir sofort durch den Kopf. Ich war bedient. Auf die angekündigte Schmerztablette warte ich im übrigen bis heute.

Mal wieder auf Station angekommen, sagte mir der Arzt, dass ich nun drei Mal täglich Infusionen und zusätzlich Schmerzmittel bekommen würde. Die Schmerzmittel waren sehr wichtig, weil sich der Körper diesen Nervenschmerz sonst „merkt“ und ich einen chronischen Schmerz entwickeln könnte. Zusätzlich würde der Arzt einen Dermatologen befragen, ob man noch etwas auf die Stellen auftragen kann. Wie lange das in etwa dauert, konnte er mir nicht sagen. Man müsse erst warten, bis die Bläschen ihren Höchststand erreicht haben und dann anfangen ab zu trocknen. Erst dann könnte ich eventuell wieder nach Hause und ambulant weiter behandeln. Bis dahin müssten wir einfach tagtäglich abwarten.

Von da an gestaltete sich fast jeder Tag gleich: 7 Uhr morgens Infusion, auf die Visite warten, gesagt bekommen, es sähe noch nicht gut aus und wir schauen Morgen wieder – es kann da alles schon ganz anders aussehen. 15 Uhr Infusion. 23 Uhr – wenn man meistens gerade eingeschlafen war, kam die nächste Infusion.

Das Spiel zog sich so bis zum 9. Tag. Da ich noch immer die selbe Flexüle im Arm hatte, merkte ich bei der morgendlichen Infusion, dass mein Arm und Bett komplett nass war. Ich musste auf den Arzt warten, weil nur er mir eine neue Flexüle legen durfte. Seitdem die Nadel ewig in dieser Vene lag, hatte diese sich (sogar bis heute!) verabschiedet. Da Wochenende war, wartete ich wieder Ewigkeiten. Lustiger Weise war der Wochenend-Arzt mein erster behandelnder Arzt von der Sarkom-Station. Er legte mir eine neue Nadel und sagte, er hätte doch eigentlich gedacht, dass ich nur die zwei ABVD-Therapien bekommen würde. Aber da wohl meine Blutsenkung ein Risikofaktor war, entschied man sich wohl doch lieber für die jetzige Therapieform.

Am Abend und auch am nächsten Morgen brannte die Infusion höllisch in meinem Arm. Ich weiß nicht, ob es an der kleinen und dünnen Vene lag oder weil die Nadel einfach nur komisch lag. Man sagte mir, ich solle das später mit der neuen Stationsärztin klären. Als sie später kam, schaute sie sich meine Stellen an und fragte mich, wieso man das denn nicht mit Tabletten Zuhause behandelt hätte. Ich dachte, ich höre nicht richtig... Sie sagte, dass die Stellen sehr langsam anfangen würden ab zu heilen und ich Zuhause mit Tabletten weiter behandeln kann. Sie nahm vorsichtshalber nochmals Blut ab und schickte mich nach Hause. Nun sollte ich auch nach meinen Therapien wieder die Depotspritze bekommen. Meine letzte Gabe des 3. Zyklus hatte sich somit nun um eine Woche nach hinten verschoben...

Runde 3 mit neuem Spielplan

Nachdem meine Blutwerte vor dem Wochenende noch ein mal durchgecheckt worden waren, dürfte ich am 14.09.2015 mit meinem dritten Zyklus weiter machen. Nun ging es mit dem ABVD-Schema los. Hierbei erfolgt je eine Therapie an Tag 1 und 15. Die Nebenwirkungen sollten sich hier kaum unterscheiden, beziehungsweise mit etwas Glück ein bisschen abgeschwächt werden. Auch die Blutwerte sollten nicht mehr ganz so extrem abfallen – zumindest was die roten Blutkörperchen betrifft. Ab jetzt dürfte ich außerdem die Therapien komplett ambulant weiter führen.

Vorsichtshalber wurde noch mal das Blut durchgecheckt. Hier war noch immer alles in Ordnung. Nachdem ich wieder ewig im Wartebereich warten musste, musste ich noch mal zum Arzt rein. Im Anschluss ging ich in den Chemo-Raum. Hier sagte man mir, dass meine Chemotherapie noch nicht mitgekommen sei, obwohl sie ja schon am Freitag freigegeben wurde, weil meine Blutwerte wieder stabil waren. Also wartete ich wieder... und wartete... und wartete... Nach mehrmaligen Fragen und knapp zwei Stunden warten und liegen im Wartebereich (wir erinnern uns, es war Hochsommer bis an die 40 Grad und der Kreislauf durch die vergangenen Chemotherapien eh noch sehr geschwächt), war die Chemo-Schwester ratlos. Kurzer Hand schnappte sie mich und schleppte mich in die unterste Etage durch das gesamte Gebäude. Sie klingelte mit mir bei der Stelle, wo die Medikationen hergestellt und angemischt werden. Sie schob mich vor und beschwerte sich bei dem Mitarbeiter, weil ich nun schon so lange auf meine Therapie wartete. Dieser sagte ihr, dass die Therapie schon längst angemischt und laut PC auch schon raus geschickt wurde – mit dem Zusatz, ob sie denn auch nicht im Kühlschrank gewesen wäre. Unsicherheit machte sich im Gesicht der Schwester sichtbar. Also wankte ich mit ihr wieder zurück in den Chemo-Raum. Welch Überraschung, da lag sie einsam und verlassen im Kühlschrank - seit über zwei Stunden fertig auf mich wartend...

Dann ging es auch mal endlich los: etwas gegen die Übelkeit, zwei Bolus-Spritzen, einen Chemo-Beutel und dann noch Flüssigkeit. Im Anschluss ging es nach Hause. Eine Depotspritze für meine weißen Blutkörperchen gab es dieses Mal nicht – denn schließlich sollte das Blutbild meistens nicht mehr ganz so arg abfallen...

Montag, 22. Februar 2016

Blood to go

An einem der darauf folgenden Tage fand ich mich wieder in meiner onkologischen Praxis zu meiner Blutbildkontrolle ein. Dieses fiel dieses Mal sehr schlecht aus. Die Leukozyten waren wie immer sehr niedrig und auch die roten Blutkörperchen waren dieses Mal extrem angeschlagen. Ich fragte meinen Arzt, wie ich mich verhalten soll. Im Krankenhaus hatte man mir gesagt, dass ich mich dort einfinden soll, wenn die Werte unter der Norm liegen. Mein Arzt sagte mir, dass alles noch so in Ordnung wäre... Ich war sehr verunsichert und rief später im Krankenhaus an. Die Schwester konnte mir am Telefon auch keine Auskunft geben und so überlegte ich, ob ich dann eventuell doch lieber am nächsten Tag in die Ambulanz des Krankenhauses fahren sollte. Die Antwort präsentierte sich mir bereits am nächsten Morgen auf dem Silbertablett. Naja eher unter meiner Haut. Ein sehr kleines aber feines Blutungszeichen zierte mein Knie. Erschrocken sprang ich sofort aus dem Bett und machte mich für eine erneute Fahrt in die Klinik fertig. 



Meine beste Freundin war so lieb, alles sofort stehen und liegen zu lassen, um mich ins Krankenhaus zu fahren. Im Wartebereich hoffte ich sehr, dass ich keine Bluttransfusion bekommen muss. Doch nach einem erneuten Blutbild und der Draufsicht der Ärztin gab es kein Entkommen: ich brauchte dringend ein frisches Beutelchen erlesensten Blutes. Das Blut wurde bestellt. Nach einer knappen Stunde musste ich mich im Chemo-Raum einfinden. Mir wurde der Zugang gelegt und ich bekam den Beutel dran gehangen. Anders als erwartet hing da kein dunkelroter Beutel, sondern eine weiße dickliche Flüssigkeit. Also gefilterte Plättchen und Proteine. Für mich war die Vorstellung, von jemand anderem Blut oder dessen Bestandteile zu bekommen, irgendwie komisch. Ich sträubte mich innerlich irgendwie sehr dagegen, auch wenn ich natürlich sehr froh sein konnte, dass es so tolle Spender gibt, die damit natürlich auch Leben retten. Die Transfusion ging recht schnell. Danach folgte noch mal ein Blutbild, auf dem die Werte der roten Blutkörperchen förmlich zu explodieren schienen. Frisch aufgetankt ging es wieder nach Hause.

Der zweite Startschuss ist gefallen

Am 24.08.2015 sollte der Startschuss für den zweiten Zyklus fallen. Ich sollte schon in der Früh im Krankenhaus sein, damit man pünktlich mit der langen Therapie beginnen könne. Nach einer kurzen Aufnahme sagte man mir, dass die Chemotherapie zwar bestellt, aber noch nicht da wäre. Also musste ich mich weiterhin gedulden. Ich fragte nach, ob es denn nun schon eine Auswertung von meinem Knochenmark gäbe. Diese war zum Glück in Ordnung. Auch in der Mittagslieferung war meine Chemotherapie noch nicht mit dabei. Ich war genervt. Die Schwester sagte mir, dass ich eventuell sogar erst am Abend damit rechnen könne. Zum Glück kam meine Therapie aber dann mit der Nachmittagslieferung. Die Medikation war die selbe wie beim ersten Zyklus. Auch hier merkte ich die starke Übelkeit direkt nach ein paar Stunden und ich musste mich mehrfach übergeben. Trotz der vielen Gegenmittel half einfach nichts. Nachts konnte ich auch wieder kaum schlafen.

Am nächsten Morgen sollte ich mich, wie gewohnt, nach der Morgenrunde der Schwestern wiegen gehen. Durch das ganze Erbrechen am Abend war ich noch total schwach auf den Beinen. Langsam pirschte ich mich über den langen Flur zur Waage vor. Ich merkte, wie mir schummerig wurde. Doch bevor ich es zur Sitzgruppe schaffte, versagte auch schon mein Kreislauf. Ich merkte nur noch wie einer der Pfleger schnell meinen Kopf auffing und ich auf mein Knie stürzte. Die Schwestern holten mein Bett und damit waren die Ausflüge außerhalb meines Zimmers für diesen Tag beendet. Trotz allem ging es mit meiner Therapie weiter.

Am dritten Tag lief alles relativ schnell und recht unproblematisch. Die Nebenwirkungen waren zwar immer noch da, aber es ließ sich alles noch verkraften.

Am nächsten Tag dürfte ich auch wieder nach Hause. Mein Kreislauf hatte sich wieder etwas stabilisiert. Vorher gab es auch wieder die Depotspritze für die Leukozyten.

Pünktlich nach dem Wochenende fand ich mich am Montag zu meiner letzten Gabe für meinen 2. Zyklus wieder im Krankenhaus ein. Nach meinem Blutbild sollte ich erst mal im Warteraum Platz nehmen. Noch immer hatte ich ganz schön Kreislaufprobleme und es war wieder unsagbar heiß draußen. Trotzdem ich viel Wasser trank und saß sackte mein Kreislauf erneut ab. Ich musste in der Notaufnahme auf die Tagesstation und bekam einen Beutel Flüssigkeit über die Vene. Nach Rücksprache mit meinem Studienarzt sollte meine Therapie auf den darauf folgenden Tag geschoben werden.

Am nächsten Tag klappte dann soweit alles ganz gut. Ich bekam meine zwei Bolus-Spritzen und etwas Flüssigkeit. Dann dürfte ich wieder nach Hause. Der zweite Zyklus sowie das BEACOPP-Schema war geschafft! Halbzeit!

Sonntag, 21. Februar 2016

Bye bye B-Symptomatik

Als man vor Therapiebeginn mein Stadium feststellte, wurde mir gesagt, dass ich das Stadium 1B hätte. Also eine „sehr gute“ Ausgangssituation. 1, weil nur ein Lymphknoten befallen war und B aufgrund der zusätzlichen Symptome. Davon hatte ich folgende: Hautausschlag beziehungsweise juckende Haut, Alkoholschmerz und Nachtschweiß und immer mal leicht erhöhte Temperatur. Abgenommen, wie sonst sehr viele Krebspatienten, hatte ich nicht. Über meine Hautprobleme und den Nachtschweiß hatte ich in meinem ersten Blogeintrag berichtet. Das es einen so genannten Alkoholschmerz gibt – davon hatte ich bisher noch nie gehört. Aber ich erinnere mich noch genau. Alkohol trinke ich sehr selten, meistens nur bei besonderen Anlässen. 2014 war ich mit meinem Arbeitsteam auf dem Weihnachtsmarkt. Dort hatte ich einen Glühwein getrunken. Und als wir da gemeinsam so saßen, hatte ich plötzlich wieder extreme Schmerzen im Schulterblatt. Ich dachte der Schmerz sei wieder schlimmer geworden, weil ich keine Lehne hatte und so komisch saß – dass es im Nachhinein aber ein B-Symptom war, ist wirklich verrückt. Das ich immer mal Temperatur hatte, war mir im Vorfeld nicht aufgefallen. Ich war immer jemand der sehr selten Fieber bekommt, auch wenn ich wirklich krank war. Somit hatte ich nicht weiter nachgemessen, da ich mich ja unentwegt in einem leichten Krankheitszustand befand. Im Krankenhaus hatte ich dann oftmals am Anfang bis zu 38 Grad Fieber.

Bereits nach meiner ersten Therapie waren diese Symptomatiken verschwunden. Das Fieber blieb aus, der Ausschlag, der seit Monaten da war, verschwand innerhalb einiger Tage. Und das Erlösenste: der Schmerz verschwand. Endlich konnte ich wieder auf der Seite, ja sogar auf dem Bauch schlafen. Das konnte ich nun schon über ein halbes Jahr nicht mehr. Und genau das sagte und zeigte mir, dass ich auf einem guten Weg war und die Therapie bereits schon angefangen hatte anzuschlagen. Die ersten kleinen Schlachten waren geschlagen...

Sie hatten (k)eine neue Frisur bestellt?

Bereits vor meinem Therapiebeginn hatte ich unglaubliche Angst vor meinem Haarausfall. Bei dem Gedanken daran litt ich unheimlich. Ich liebte meine Haare und konnte mir weder vorstellen noch akzeptieren, dass sie mich verlassen sollten. Auf den Tipp hin, mir die lange Haare im Vorfeld deutlich kürzen zu lassen, hatte ich mich einen Tag vor Beginn der ersten Therapie mit Schatzi aus dem Krankenhaus geschlichen und fuhr, zusammen mit meiner Flexüle im Arm, zum Friseur. Die Friseurin schaute etwas merkwürdig, verstand dann glaube ich, wieso ich letzten Endes da war. Dort ließ ich mir dann einen Bob schneiden. Ich hatte noch nie so kurze Haare. Allein das grobe Abschneiden meiner Haare war der Horror. Ich saß einfach nur starr da, schaute in den Spiegel und sah wie meine geliebten Haare fielen... Schatzi fand den Haarschnitt gar nicht schlecht. Ja, er stand mir, aber das war einfach nicht ich und ich war auch einfach gezwungen ihn von jetzt auf gleich anzunehmen. Schatzi fragte mich, ob ich noch mal schauen wolle, als die Friseurin meine Haare weg fegte. Mit einen knappen „nein“ war das Thema beendet. Im Krankenhaus fiel den Pflegern und Schwestern direkt die frisch geföhnte Frisur auf und es hagelte Komplimente. Da sich meine Freude in Grenzen hielt, antwortete ich mit einem müden Lächeln: „Naja, wird wohl leider eh nur ein kurzes Vergnügen bleiben.“

Zuhause fing ich dann schon an, all meine vielen Haarpflegeprodukte auszusortieren und auch Cremes und Sprays, die meine Haut nicht mehr so gut vertragen hatte. Es ist Wahnsinn, was man alles so ansammelt und so unbedingt braucht. Damit hätte ich direkt einen kleinen Basar auf machen können. Und so hatte ich fast drei große Tüten zusammen, die in den Besitz meiner Schwester oder Mama über wanderten...

Ich hatte im Vorfeld im Internet recherchiert, wann es denn in etwa passieren wird, damit ich wenigstens ein bisschen vorbereitet war. Viele sagten, dass der Haarausfall zwischen dem 12. und 14. Tag anfing. Und wirklich. Pünktlich am Tag 13 begann es zu rieseln... Einen Tag zuvor zuppelte ich noch noch leicht und dachte, „Mensch da passiert ja zum Glück noch gar nichts“ – und dann von heute auf Morgen das... Von da an litt ich jeden Tag Höllenqualen. Ich traute mich schon gar nicht mehr morgens und abends die Haare zu kämmen, es war jedes Mal eine einzige tränenreiche Tortur. Allein, wenn ich über die Haare strich, hatte ich die Hände voll davon. Tagsüber machte ich mir einen Zopf, der von Tag zu Tag dünner und dünner wurde... Meine Kopfhaut schimmerte nun mehr als deutlich durch. All das Rübergekämme, wie es die alten Männer so gern tun, half nichts mehr. Da nun der zweite Zyklus vor der Tür Stand und ich nicht auch noch meine letzten drei Haare im Krankenhausbett verteilt haben wollte, musste Tag X wohl nun kommen...

Der arme Schatzi hatte die ehrenvolle Aufgabe, mich von meinen letzten paar Haaren zu befreien. Schon beim Geräusch des Rasierers liefen meine Tränen. Es war ein einziges, minutenlanges Drama. Ich wollte meine Haare im Waschbecken nicht mehr anschauen und mich so schon gar nicht. Ich setzte direkt eine meiner gekauften Mützen auf und rollte mich auf dem Sofa zusammen.

Erst nach ein paar Stunden schaffte ich es vorsichtig in den Spiegel zu schauen. Vorher hatte ich immer mit den Händen angetestet, was sich von nun an unter der Mütze verbergen würde. Da stand ich nun und schaute die fremde Frau in dem Spiegel an. Sie sah aus wie ich und dennoch so fremd. Da war sie nun, die nicht bestellte „Frisur“ für die nächsten Monate...

Obwohl ich so sehr gelitten und mich gewehrt hatte, um jedes Haar noch so verzweifelt gekämpft hatte: mir ging es sehr viel besser als die Haare weg waren. Die Tränen bei jedem Bürstenstrich waren verschwunden. Traurig war ich natürlich oft noch, aber ich gewöhnte mich dennoch daran. Und wenn nicht, gab es diesen wunderbar echt wirkenden Fiffi, den mir meine lieben Eltern aus dem Perücken-Studio geschenkt hatten...

Mögen die Spiele beginnen





Der Startschuss fiel pünktlich zum 01.08.2015. Nachdem es zum Frühstück einen ordentlichen Mix diverser Tabletten gab, wartete ich auf die Ärztin. Die allererste Chemotherapie dürfte, wieso auch immer, nur von einem Arzt angestellt werden. Die später folgenden stellten dann die Pfleger an. Nachdem die Ärztin mit mir meine Daten abgeglichen hatte, ging es los. Es war ein unbeschreiblich komisches Gefühl. Ich war sehr nervös, weil ich wusste, dass sich alles nun verändern würde – unaufhaltsam. Auf der anderen Seite fühlte ich mich befreit. Auch wenn es wirklich komisch klingt. Aber ich hatte nun endlich eine wirklich richtige Antwort darauf, warum es mir schon so lange so schlecht ging und ich hatte das Gefühl, dass endlich etwas dagegen unternommen wird und es mir dann irgendwann endlich wieder besser gehen würde. Nun lag ich da und wusste nichts so recht mit mir anzufangen. Als erstes gab es vorbeugend etwas gegen Übelkeit, gefolgt von Chemo-Medikamenten, mehrfach Blasenschutz und einen großen Beutel Flüssigkeit. Alles in allem waren die verschiedenen Tröpfe endlich nach acht Stunden durch. Ich war wirklich platt und müde. Am Abend begrüßte mich dann starke Übelkeit, Brechreiz, Magenschmerzen und ständiger, ewig lang anhaltender Schluckauf. Am nächsten Tag erklärte mir die Ärztin, dass ich mir gegen den Schluckauf auch etwas hätte geben lassen können. Die Info wäre im Vorfeld super gewesen. Denn Übelkeit und Schluckauf ist eine blöde Kombination. Der Schluckauf entsteht in der Regel nach der ersten Gabe der Therapie, weil sich der Tumor aufgrund der Mediation erst einmal aufbläht, bevor er dann langsam zu schrumpfen beginnt. Ab dem Zeitpunkt der ersten Therapie sollte ich zudem Mundspülungen machen. Je bis zu acht Mal am Tag zum desinfizieren sowie ein Antipilzmittel. Durch das ständige Unwohlsein direkt nach der Therapie war mir das allerdings nicht immer so möglich.



Nach meiner eher spärlichen Nacht sollte es nun weiter gehen. Vorher gab es noch etwas gegen meine fiesen Gliederschmerzen. Mir war immer noch sehr übel und meine Hände zitterten extrem. Nach meinem großen Tabletten-Mix ging es direkt weiter: etwas gegen die Übelkeit, Chemotherapie und Flüssigkeit. Zwischenzeitlich kam meine Schwester und mein Freund zu Besuch. Allerdings fielen mir immer wieder die Augen zu und ich konnte mich auf unser Gespräch nicht konzentrieren. Somit war es doch ein recht kurzer Besuch. Nachdem ich zwischenzeitlich auch noch etwas gegen meine anhaltende Übelkeit bekam, konnte ich wenigstens für einige Zeit etwas schlafen. Nachdem ich mein Zimmer das Wochenende über für mich allein hatte, kam meine Zimmergenossin, die liebe Izzie Stark, am späten Nachmittag von ihrer Beurlaubung wieder. Sie hatte ebenfalls die selbe Therapie vor sich, war fast in meinem Alter und wir tauschten uns noch etwas aus. Gern hätte ich mich noch weiter mit ihr unterhalten, aber ich war ganz schon fertig und konnte mich nicht richtig auf unser Gespräch konzentrieren. Am Abend plagte mich dann erneut dolle Übelkeit. Auch die Nacht war wieder relativ schlaflos.

Am dritten Tag gab es erneut die selben Medikationen des zweiten Tages. Der Arm, in dem mein Venenzugang war, war bis zu Hand hin angeschwollen. Die Ärztin meinte, solange es nicht schlimmer wird, ist das schon in Ordnung, auch wenn es etwas unangenehm war. Bis auf die Übelkeit, Magenschmerzen, das Zittern und die Schlappheit gab es sonst keine weiteren Vorkommnisse. Während der Chemotherapien hatte ich immer Fernsehen gehört, das Schauen war mir irgendwie viel zu viel. Da nun auch noch der Fernseher im Krankenhaus streikte, versuchte ich ein wenig vor mich hin zu dösen. Mich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren war irgendwie nicht drin.

Am nächsten Tag dürfte ich erst mal wieder nach Hause. Vorher bekam ich noch eine Depotspritze, um die Leukozyten, die durch die Therapie sehr abfallen und mein Körper somit keine Abwehrkräfte besitzt, wieder zu aktivieren.

Nachdem ich mich Zuhause versucht hatte von den Nebenwirkungen und der Therapie etwas zu erholen, musste ich am achten Tag, der gleichzeitig der letzte des ersten Therapie-Zykluses war, ambulant wieder ins Krankenhaus kommen. Eigentlich hätte ich einen Mundschutz tragen müssen, weil mein Blutbild nicht so gut war und ich somit sehr anfällig für Infektionen war. Aber ich konnte mich damit einfach nicht anfreunden. Ich hatte eh schon immer das Gefühl, dass jeder der mich anschaute wüsste was mit mir los sei. Im Krankenhaus wurde wieder ein kleines Blutbild gemacht. Anschließend musste ich in den ambulanten Chemo-Raum. Nachdem mir ein Zugang gelegt wurde, bekam ich wieder etwas gegen die Übelkeit und anschließend zwei Bolus-Spritzen. Anschließend durfte ich nach Hause – der erste Zyklus war geschafft! Am Abend plagten mich wahnsinnige Gliederschmerzen und Schüttelfrost. Das hatte ich irgendwie nicht erwartet. Ich war allerdings froh, dass keine neue Übelkeit hinzu kam. Da kein normales Schmerzmittel half, musste ich eine meiner verschriebenen Morphin-Tabletten nehmen. Dagegen hatte ich mich doch sehr gesträubt. Aber diese half ganz gut und die Schmerzen verschwanden.

In den darauf folgenden Tagen hatte ich noch sehr mit Kreislaufproblemen zu tun. Das es draußen an die 40 Grad heiß war, machte das alles nicht gerade besser. Zu meinem Onkologen schaffte ich es nur mit Unterstützung. Hierher musste ich zweimal die Woche zum Blutbild kommen. Die Übelkeit war noch immer etwas vorhanden, wurde aber langsam etwas besser. Auch das Phänomen, gewisses Essen nicht mehr riechen oder schmecken zu können, hielt nur wenige Tage an. Nach einiger Zeit bekam ich dolle Knochenschmerzen – die Depotspritze begann zu wirken. Mein Körper produzierte neue weiße Blutkörperchen. Auch meine Mundschleimhaut machte langsam schlapp. Es brannte beim Essen und trinken und ich hatte kleinere offene Stellen im Mund. Ich machte fleißig meine Mundspülungen, aber all das half erst nach einer ganzen Weile. Gegen die fiesen Schlafstörungen, die mich zum Teil nur eine halbe Stunde pro Nacht schlafen ließen, bekam ich Schlaftabletten verschrieben. Diese halfen allerdings auch nur bedingt, aber besser als gar nicht.

Samstag, 20. Februar 2016

Das Fluchtverhalten mancher Menschen

Wie in meinem letzten Post bereits geschrieben, informierte ich einige Menschen über meine Situation. Ich ging nicht hausieren, aber wenn mich jemand fragte, was mit mir los sei oder wie es mir geht, ging ich recht offen mit meiner Krankheit um. Zu meiner großen Verwunderung zeichnete sich, neben der vielen verständnisvollen Menschen, ein neues Schema ab. Auf der einen Seite waren da Bekannte oder frühere Freunde, mit denen man nicht mehr so viel zu tun hat oder der Kontakt ausgelaufen ist. Diese boten mir sofort ihre Hilfe an - womit ich niemals gerechnet hätte. Und dann waren da die „neuen“ Freunde und Bekanntschaften... Ich war wirklich sehr überrascht, wie manche Menschen darauf überhaupt nicht eingegangen sind, sich seitdem nicht mehr gemeldet haben oder wenigstens nicht einmal nach mir gefragt oder gute Besserung gewünscht haben. Beides hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Das der ein oder andere vielleicht nicht weiß, wie er mit der Situation oder Krankheit umgehen soll, ist eine Sache – alles andere einfach nur unverständlich. Gerade in solch einer Situation sollte man für den anderen da sein. Ich dachte immer, dass sich bei einem Umzug zeigt, wer die waren Freunde sind, aber da lag ich doch gut daneben. Wenn es wirklich darauf ankommt trennt sich die Spreu vom Weizen.

Wie war es bei euch? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

Selbstschutz

Als ich wusste, was ich nun habe und wie es weitergehen würde, informierte ich meine Arbeitskollegen und ein paar wenige Bekannte und Freunde. Viele von ihnen waren sehr bestürzt und wünschten mir viel Kraft. Irgendwie schien ich viel mehr zuversichtlicher und überzeugter an die Sache ran zu gehen als die meisten Menschen um mich herum. Ich wollte nicht ständig getröstet und bedauert werden. Das habe ich versucht systematisch ab zu blocken, auch wenn gerade die Familie oder mein Freund mich doch öfter mal in den Arm nehmen wollten. Alles andere hätte mich runter gezogen und mir all die Kraft die ich zum kämpfen brauchte geraubt. Auch wenn es mir oft Leid tat, denn den anderen ging es in der Situation ja auch nicht gut – aber hier musste ich dennoch egoistisch sein. Einmal in dem Sumpf und man kommt nur schwer wieder heraus. Das heißt nicht, dass es mir nicht auch oft emotional schlecht ging. Aber sich selbst zu bemitleiden macht es nicht besser.

Und dann kristallisierte sich noch ein anderes Phänomen heraus: ich nahm nicht wirklich wahr, dass ich tatsächlich Krebs haben sollte. Alle sprachen doch immer von einem Lymphom. Das klingt doch einfach nur wie ein geschwollener Lymphknoten... Meine Mama sagte dann in irgendeinem Zusammenhang mal „du hast nun mal Krebs“. Das Ausgesprochen klang für mich total komisch. Es vergingen wirklich einige Wochen, bis ich mich daran gewöhnen konnte. Natürlich hatte ich mir nichts schön gemalt, aber ein Lymphom klang für mich irgendwo dann doch weniger schlimm.

Mir wurde wirklich oft gesagt wie stark ich denn sei, wenn ich gesagt habe, dass ich da nun mal durch muss, ich keine andere Wahl habe und das ich es schon schaffen werde. Das stimmt doch aber auch, entweder kämpfen oder mein Leben verlieren, ich hatte nun mal leider keinen Plan B. Und obwohl ich sonst ein großer Gefühlsmensch bin – ich danke meinem Körper sehr, dass er in der Situation alles abgeschaltet und einfach nur „funktioniert“ hat...

Wetteinsätze für das Therapieschema werden gern noch entgegen genommen

Am Montag landete ich also wieder im Krankenhaus. Dort traf ich nur auf eine Vertretungsärztin. Sie führte die Aufnahme durch und sagte, dass sie als Vertretungsärztin leider nichts zum weiteren Werdegang und der kommenden Therapie sagen kann. Als der Arzt mich telefonisch zu meiner Diagnose angerufen hatte, sagte er, dass es eventuell zwei leichtere Chemotherapie-Zyklen sein werden. Also nahm ich das jetzt erst mal als Anhaltspunkt. Die Ärztin fragte mich, ob ich Kinder hätte. Ich verneinte. Nachdem sie meine Reaktion auf die Frage und meine damit verbundene Angst keine Kinder bekommen zu können bemerkte, bot Sie mir einen Termin bei einer Gynäkologin des Krankenhauses an. Sie sagte, es gäbe die Möglichkeit sich Eizellen einfrieren zu lassen. Damit wäre man wohl ganz gut auf der sicheren Seite.

Am Nachmittag ging ich dann zu meinem Termin mit der Gynäkologin. Sie begrüßte mich mit den Worten: „Eigentlich mache ich solche Aufklärungsgespräche sonst nie.“ Aha, da fühlte ich mich doch gleich gut aufgehoben. Sie stellte mir dann zwei Varianten vor. Vorstellen ist vielleicht etwas weit ausgeholt, sie druckte mir die Informationen aus dem Internet aus. Die erste Variante wäre das Einfrieren meiner Eizellen gewesen. Die Betonung liegt hierbei auf wäre. Im selben Atemzug sagte sie mir, dass sie mit der Ärztin gesprochen hätte und diese meinte, dass ich gar keine Zeit mehr dafür hätte. Das Vorbereiten und Einfrieren der Eizellen dauert mindestens drei Wochen und diese Zeit könne ich mir nicht mehr nehmen, ich müsse schnellstmöglich mit meiner Therapie beginnen. Außerdem sagte sie ihr, dass ich eh das härtere Therapieschema mit vier bis sechs Zyklen bekommen würde, da würde dann auch nur die zweite Variante in Frage kommen. Hierbei bekommt man für meistens je drei Monate eine Spritze die verhindert, dass die Eizellen reifen. Man versetzt hierbei den Körper künstlich in die Wechseljahre. Ich war einfach nur fassungslos. Vor nur wenigen Stunden sagte sie mir etwas völlig anderes und das sie dazu nichts sagen kann und schlug mir anbei sogar noch die Variante mit meinen Eizellen vor. Ich war einfach nur sauer und fühlte mich verladen. Aufgelöst verließ ich mit meinem Freund diese tolle Beratung. Im Anschluss suchte ich die Ärztin auf, um zu fragen, was das sollte. Sie meinte, dass sie sich mit anderen Ärzten ausgetauscht hätte und es nun so aussieht, dass ich so eine Therapie bekommen würde. Statt weiter zu diskutieren und nachzuhaken, mit welchen Ärzten sie denn gesprochen hätte (sie war ja immerhin als Vertretungsärztin vor Ort weil keine anderen Ärzte da waren), verließ ich das Zimmer und nahm die unglückliche Wendung meiner Therapie hin...

Am darauf folgenden Tag stand noch die Knochenmarkpunktion an. Hierbei wird aus dem Beckenknochen mit einer Hohlnadel Knochenmark entnommen beziehungsweise heraus gestanzt. Vor dieser Prozedur hatte ich doch ganz schön Angst. Und wie sich herausstellte war diese auch mehr als unangenehm. Der Schmerz der Entnahme war wirklich nicht ohne. Es war sogar noch schlimmer als die Biopsien meines Tumors und die waren ja durch die Schichten des Brustkorbes auch nicht wirklich ein Spaziergang. Ich war sehr froh als alles endlich vorüber war. Im Anschluss musste ich noch zwei Stunden auf einer Art Sandsack liegen bleiben. Die Proben wurden dann ins Labor geschickt. Die Auswertung sollte bis zu 14 Tage dauern.

Am nächsten Tag hatte ich beim Sitzen und Liegen noch immer Schmerzen von der Punktion. Es fühlte sich an wie ein einziger riesiger blauer Fleck. An diesem Tag stand noch ein Lungenfunktionstest sowie ein EKG an. Die Lungenfunktion war wirklich unterirdisch, das EKG zum Glück in Ordnung. Nun kam auch endlich mal eine Ärztin vorbei, die mich über meinen weiteren Therapieverlauf aufklären wollte. Nachdem sich wohl die Ärzte gemeinschaftlich beraten hatten, sollte ich nun eine Therapie aus vier Chemotherapie-Zyklen bekommen. Zwei aggressive Therapien nach dem BEACOPP esk.-Schema und zwei Therapien nach dem ABVD-Schema. Diese unterscheiden sich in der Anzahl der Medikationen und an der Anzahl sowie Verteilung der Therapietage. Bei BEACOPP esk. gibt es die volle Dröhnung aus zig Medikationen die auch zum Teil noch Zuhause eine Zeit lang weiter genommen werden müssen. Das ABVD-Schema ist zumindest in der Anzahl der Medikation abgeschwächter. Nun also schon wieder eine andere Therapie. Diese sollte, wie man mir versicherte, nun aber auch wirklich so gemacht werden. Dieses ganze Hin und Her war einfach nur zermürbend. Man versucht sich ja nun auch auf die kommende unschöne Situation einzustellen und in den wenigen Tagen drei verschiedene Aussagen zu bekommen war einfach unmöglich. Die Ärztin sagte außerdem, dass sie mir raten würde, mich in die HD-17 Studie einschließen zu lassen. Hierbei wird schon seit einiger Zeit getestet, ob man die Bestrahlung nach der Chemotherapie weglassen kann, um so Langzeitschäden zu verhindern oder eindämmen zu können. Hier gibt es, wie bei Multiple Choice, drei Wege zur „Auswahl“. Ist der Tumor noch immer nicht besiegt, erfolgt in jedem Fall eine Bestrahlung. Wenn nicht, kommt es darauf an, in welchem Studienarm man ist – also entweder bekommt man die Bestrahlung, wie es auch so die Standardtherapie ist oder man ist davon befreit. Die Chemotherapie an sich, wäre wohl auch ohne die Studie dieselbe. Da ich keine Ahnung hatte, was nun das beste ist, stimmte ich dem zu. Kurze Zeit später bekam ich einen dicken Studienhefter in die Hand gedrückt. Der Studienarzt würde diesen wohl morgen mit mir durchgehen.

Am Donnerstag sollte das Pet-CT anstehen. Hierbei bekommt man eine radioaktive Flüssigkeit gespritzt sowie Glukose zum trinken. Die radioaktive Flüssigkeit macht später im CT den Zucker sichtbar, welcher sich an die Tumorzellen und eventuellen Metastasen heftet. Somit kann man die Tumorherde im Körper relativ zuverlässig ausfindig und sichtbar machen und auch das Stadium des Tumors gut bestimmen. Ansonsten läuft es wie ein normales CT ab. Man muss sich auch wieder auf die Liege legen, legt die Arme nach oben um nichts zu verdecken und bekommt auch nach einiger Zeit wieder Kontrastmittel gespritzt. Das Pet-CT dauerte eine knappe Stunde. Dabei darf man sich natürlich nicht bewegen und so tat mir im Anschluss ganz schön die Punktionsstelle von der harten Liege weh. Die Auswertung sollte am nächsten Nachmittag fertig sein.

Am Nachmittag wartete ich auf den Studienarzt. Dieser kam völlig verspätet zu unserem Termin mit den Worten: „Sie haben sich ja schon alles soweit durchgelesen, haben sie schon alles unterschrieben?“ Ich sagte ihm, dass ich ganz gern noch aufgeklärt werden würde und auch noch einige Fragen hätte, da ich nun trotzdem keine genaue Vorstellung hätte was auf mich zukommen würde. Er sagte, dass er allerdings dann noch mal kurz weg müsste und in ein paar Minuten wieder da wäre. Nach 2 ½ Stunden Gewarte auf dem Flur war es dann doch schon so weit. Er ratterte die vielen Medikamente runter und welche Nebenwirkungen, auf meine Nachfrage, sie haben könnten und ließ mich schon fleißig die Unterlagen unterschreiben. Ich sagte, dass ich noch immer nicht wirklich weiß was nun alles auf mich zukommen wird und mich nicht aufgeklärt fühle. Die Antwort auf all meine Fragen hieß dann: „Hm, ja.“ Wie so oft schluckte ich den Ärger runter weil ich wusste, dass ich hier auch wieder nicht weiterkommen würde...

Am Freitag gab es natürlich kein Pet-CT-Ergebnis. Und auch von meiner Knochenmarkpunktion gab es noch keine Ergebnisse. Die Therapie sollte trotzdem wie besprochen durchgeführt werden, dass die anderen Ergebnisse noch nicht vorliegen, sei dabei wohl egal... Und die Therapie sollte sogar schon am morgigen Tag starten. Ich fühlte mich über diesen schnellen Start plötzlich sehr überfahren. Aber anderseits gibt es für den Start und die Therapie keinen guten Zeitpunkt. Ich bekam dann noch meine Spritze, damit die ersten 3 Monate Wechseljahre losgehen konnten. Zum einen, wie schon geschrieben, um die Eizellen zu schützen und zum anderen, weil man während der Therapie sehr verminderte Blutplättchen hat. Man muss dann sehr auf Blutungszeichen achten oder schon aufpassen, wenn man sich nur einen kleinen Kratzer oder Schnitt zu zieht. Das kann gefährlich werden und man braucht unter Umständen eine Bluttransfusion. Also gibt’s dieses Mal wohl kein Blutvergießen.

Dienstag, 16. Februar 2016

Brandaktuelle Blitznews - ein Interview mit der lieben Izzie Stark

Im Krankenhaus lernte ich die liebe Izzie kennen. Wir saßen beide im selben Boot, hatten beide diesen doofen ungebetenen Gast Morbus Hodgkin bei uns zu Besuch und nahmen fast zeitgleich den Kampf mit den selben Waffen auf. Izzie fing schon damals an ihren Blog zu schreiben. Auf diesem hat sie nun ein kleines aktuelles Interview mit mir geführt - vielen lieben Dank dafür! Nachlesen könnt ihr es auf https://izziestark.wordpress.com/ 

Stöbert gern auf ihrer Seite und hinterlasst ihr einen netten Kommentar.

Samstag, 13. Februar 2016

Und dann kam der Tag, an dem ich gesagt bekam, dass ich einen Untermieter habe

Am nächsten Tag rief ich also im Krankenhaus an. Man sagte mir, dass der Befund noch immer nicht da ist und vertröstete mich auf den nächsten Tag. Auch am nächsten Tag gab es kein Ergebnis. Der Arzt teilte mir mit, dass bereits die „ganz schlimmen“ Sachen ausgeschlossen werden konnten – aber so wie es momentan aussähe ebenso auch die harmlosen Sachen, an die wir uns so sehr geklammert hatten. Genaueres konnte er aber noch nicht sagen oder zu 100% bestätigen. Was ich nun darunter verstehen und denken sollte wusste ich nicht... Also verstrich wieder ein Tag. Obwohl ich wirklich froh war nicht im Krankenhaus auf mein Urteil warten zu müssen, war ich nervlich einfach nur ein Wrack. Ich versuchte mich bestmöglich abzulenken. Dennoch stieg ständig die Angst und Panik in mir auf. Die Ungewissheit war einfach nur schlimm. Mein Freund versuchte mich immer zu beruhigen und zu trösten, wenn die Tränen einfach nur noch liefen. Die Minuten und Stunden zogen sich endlos hin. Doch umso mehr Zeit verstrich, umso mehr spürte ich, dass ich keine guten Nachrichten mehr bekommen würde...

Am nächsten Tag rief mich der Arzt zurück. Er sagte, dass er mir leider mitteilen müsse, dass es sich tatsächlich um ein Lymphom handelt, ein Morbus Hodgkin Lymphom. Ich versuchte die Fassung zu bewahren und fragte, wie nun die nächsten Schritte ausstehen würden. Er sagte mir, dass ich ab Montag wieder ins Krankenhaus müsste. Dieses Mal aber auf eine andere Station und die Ärzte würden mir dort den weiteren Werdegang erklären werden. Als das Gespräch beendet war, brach die Welt für mich zusammen. Ich schrieb meiner Familie und meiner besten Freundin eine Nachricht – ich war einfach zu geschockt um zu telefonieren und wusste nicht, wie ich es in dem Augenblick in Worte fassen sollte.

Ich war auf der einen Seite froh, nicht direkt wieder ins Krankenhaus zu müssen und so noch etwas Zeit zu haben, um alles sacken zu lassen – auf der anderen Seite war es allerdings doch fast unmöglich mich einmal mehr als ein paar Minuten ablenken zu können. Ich hatte keine Ahnung, was das wirklich nun für mich bedeuteten sollte und was auf mich zukommen würde.

Donnerstag, 11. Februar 2016

Auf des Rätsels Spuren

Nachdem ich im Foyer eingecheckt und die Erstaufnahme hinter mich gebracht hatte, musste ich auf die Station gehen. Da war ich nun mit meinem Koffer – auf der Station für Sarkome und Tumorerkrankungen. Ich fühlte mich völlig erschlagen: ich sah Menschen, die körperlich in schlechtester Verfassung waren und um ihr Leben kämpfen mussten. Ja, sogar Menschen, welche teilweise in meinem Alter gewesen sein mussten. Und da war sie plötzlich: lähmende Angst. Da saß ich nun ohne ein Wort zu sagen zwischen Mama und Papa und versuchte mich nicht von meinen Eindrücken und Ängsten übermannen zu lassen. Und wenn ich in die ebenso geschockten Gesichter meiner Eltern sah, machte es das nicht gerade leichter. Ich glaube, wir dachten in dem Moment alle einfach nur das selbe: bitte lass es kein Krebs sein... Ich war dennoch wirklich sehr dankbar, nicht allein da sitzen zu müssen. Ich wartete einige Zeit auf mein Zimmer gehen zu können. Später dort angekommen, musste ich es mir mit einer Frau mittleren Alters teilen, welche nur im Bett völlig entkräftet an ihrem Tropf lag - Haare hatte sie keine mehr und auch ihr Körper war wahnsinnig durch die Medikamente aufgedunsen sowie mit einem jungen Mädchen mit Glatze, welches sich mir schwach lächelnd vorstellte und etwas neben sich stehend an mir vorbei schlürfte. Für mich war es ein Horror-Szenario. Einige Zeit später kam ein sehr netter Arzt zu mir ins Zimmer. Er führte das Aufnahmegespräch mit mir und erklärte mir, welche Untersuchungen eventuell auf mich zukommen würden. Anschließend musste ich noch zum EKG. Dort war ich nervlich völlig fertig von der ganzen Situation und der Angst, dass mich so etwas auch erwarten könnte.

Bereits am nächsten Tag stand meine CT-gestützte Biopsie an. Hiervor hatte ich wirklich große Angst und war so nervös, dass ich auf der Liege mein Zittern nicht in den Griff bekommen konnte. Zudem war es auch noch wahnsinnig kalt in dem Raum. Die Schwestern dort waren wirklich sehr nett und versuchten mich zu beruhigen. Ich hatte sogar zwei Ärzte die zusammen die Biopsie durchführten. Zuerst wurde mein Unterkörper ordentlich mit Decken eingepackt. Im Anschluss bekam ich so eine tolle grüne „Abdeckfolie“ auf meinen Oberkörper, auf der dann ein Fenster für die Punktion ausgeschnitten wurde. Danach wurde ich, wie ein Braten der dann in den Ofen geschoben wird, mit orangener Sauce eingepinselt. Durch meinen Zugang bekam ich ein Beruhigungsmittel injiziert. Da ich aber noch nicht wirklich zum träumen bereit war, bekam ich noch etwas nachgelegt. Dann wurde ich ins CT gefahren. Viel weiß ich nicht mehr, lediglich das die zweite Biopsie durch meinen Brustkorb dann doch recht weh tat. Ich weiß noch, wie ich dachte, dass ich nun fertig sei und die Augen auf machte. Das überlegte ich mir aber dann schnell anders, als ich die Klemmen auf meinem Brustkorb noch baumeln sah. Als ich das nächste Mal erwachte, wurde ich aus dem CT-Gerät gefahren. Ich merkte, dass mir übel durch die Medikation wurde und bekam sofort etwas wirksames dagegen gespritzt. Anschließend wurde ich für lange Zeit auf dem Flur geparkt, bevor ich wieder auf die Station durfte. Dort musste ich noch etwas Zeit im Bett verbringen.

Am nächsten (Frei)Tag wurde ich beurlaubt. Am Montag sollte ich wieder ins Krankenhaus kommen, da am Wochenende eh nichts weiter gemacht wird und die Biopsien erst untersucht werden mussten. Ich sollte lediglich noch auf eventuelle Nebenwirkungen der Biopsie achten, da die Biopsien nah an der Lunge entnommen wurden und diese manchmal unmerklich angestochen werden sein könnte. Geduscht werden durfte nur mit einem sexy Duschpflaster, welches über das eigentliche Pflaster der Wunden geklebt wird. Aber bis auf Atemnot sollte mich an diesem Wochenende zuhause nichts weiter, bis auf die mich ständig begleitende Unruhe und Ungewissheit, belästigen.

Am Montag wieder gelandet, stand ein MRT vom Abdomen (Bauch) auf dem Plan. Hier war zum Glück alles in Ordnung. Der Arzt sagte mir, dass meine Proben nun in eine Spezialklinik weitergeschickt worden sind und ich direkt wieder beurlaubt werden könnte. Ich sollte dann am nächsten Tag nachfragen, ob es schon einen Befund gibt. Anschließend müsste ich zur Befundbesprechung wiederkommen. So recht wusste ich nicht, was ich davon halten sollte, dass die Proben nun weitergeschickt worden sind. Heißt es, dass sie gut sind und dies noch bestätigt werden soll oder heißt es, dass man die guten Sachen bereits geprüft hat? Auch dieses Hin und Her machte mich völlig wuschig, natürlich freute ich mich nicht da bleiben zu müssen, aber wozu war ich denn vor kurzem wieder mit Sack und Pack hier angereist?

Mittwoch, 10. Februar 2016

Der Anfang allen Übels - scrollen wir einmal sehr weit zurück

Es war Juli 2014, zwei Tage nach meinem 27. Geburtstag hatte ich meinen Arbeitsplatz gewechselt und eine neue Stelle begonnen. Noch gerade einen Tag vorher hatte ich nach meinem Sommerschnupfen eine nervige Bindehautentzündung verabschiedet. Bereits einige Wochen danach bekam ich meinen nächsten, leichten Schnupfen und Halsweh. Ich fühlte mich nicht richtig krank, aber auch nicht wirklich gesund und fit – nicht weiter schlimm, denn ich wusste ja noch nicht, dass mich dies nun unentwegt und Monate weiter so begleiten sollte. Es folgte eine dicke Erkältung, dann wieder leichter Schnupfen und Halsweh, dicke Erkältung, leichter Schnupfen und Halsweh... Spätestens wenn Ärzte nicht mehr weiter wissen, wird Antibiotikum verschrieben. Ob es nun sinnvoll ist oder nicht – in den meisten Fällen ist es das ja nicht. Und wenn dann immer noch alles komisch ist, kann das Antibiotikum ja nicht geholfen haben, also geben wir noch mal eins obendrauf. Und so kam es, dass ich nach diesem Antibiotikum extremes Erbrechen, Durchfall und sogar Fieber bekam, was für mich auch bei doller Krankheit immer eine reine Seltenheit ist. Ich wechselte den Arzt, da meine Antibiotikum-Ärztin im Urlaub war – ein wahrer Traum von Ärztin, die wie sich zeigen wird, sich auch wahrlich für ihre Patienten interessiert und auf des Rätsels Spuren begibt. Schnell stellte sie nach einer Probe fest, dass das Antibiotikum meine Darmflora völlig geschädigt hatte: ich hatte eine pseudomembranöse (antibiotikaassoziierte) Kolitis. Und weil man so gerne böses mit bösem bekämpft musste ich wieder ein Antibiotikum nehmen, da man die bösen Bakterien sonst nicht abtöten kann. Nach der halben Antibiotikum-Therapie musste ich abbrechen, ich hatte es überhaupt nicht vertragen. Zum Glück stellte sich nach einer weiteren Probe raus, dass die Therapie schon angeschlagen hat und die Bakterien weg waren. Mein Körper feierte dies mit einer üblen Bronchitis. Ich war völlig fertig mit den Nerven. Auf der einen Seite darüber von einer Krankheit in die nächste zu schlittern und nicht wirklich gesund zu werden und auf der anderen Seite aus Angst um meinen neuen Arbeitsplatz – schließlich befand ich mich noch immer in der Probezeit.

Nun begann ich mich wieder meinem Dauerzustand von irgendwie-krank-und-irgendwie-auch-nicht weiter zu widmen. Ich war einfach nur genervt von diesem Zustand, fing an mich viel mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen und zu schauen wie ich sonst noch mein Immunsystem auf Vordermann bringen konnte. Schließlich meldete ich mich im Fitnessstudio an – zum einen um fit zu werden und zum anderen um einen Ausgleich zu meiner sitzenden Tätigkeit zu haben. Weit kam ich mit meinem Training natürlich nicht, die nächste dolle Erkältung klopfte an die Tür. So sollte das Spiel noch eine Weile weitergehen.

Anfang Dezember bekam ich starke Rückenschmerzen. Genauer gesagt, unter meinem rechten Schulterblatt. Da die Schmerzen auch nach Tagen einfach nicht verschwanden, entschied ich mich zum Orthopäden zu gehen. Mit einem frisch eingerenkten Rücken verließ ich die Praxis. Einen Tag vor Weihnachten besuchte ich erneut die Praxis, mein Zustand war unverändert. Wieder wurde mir mein Rücken eingerenkt und mit einem Überweisungsschein zur Physiotherapie verließ ich die Praxis. Am nächsten Tag, pünktlich zum Weihnachtsessen am Mittag, hatte ich so dolle Schmerzen, dass ich nicht mehr wusste wohin mit mir. Ich fuhr in die Notaufnahme. Doch anstatt mal zu Röntgen oder sonstige Untersuchungen vorzunehmen, schickte man mich mit Schmerzmitteln wieder nach Hause. Also schlug ich mich, wie immer, mit Schmerzmitteln weiterhin durch und strebte meine Termine für die Physiotherapie im nächsten Jahr an.

Sechs Mal Physiotherapie absolviert, Gesundheitszustand unverändert, Schmerzen sogar noch schlimmer. Die Schmerzen ließen mich zum Teil kaum noch durchschlafen, ich wusste nicht, wie ich liegen sollte und sie schienen immer gegenwärtig. Wenn es gar nicht mehr auszuhalten war, nahm ich eine Schmerztablette. Für einen kurzen Moment machte sich Erleichterung breit – die Schmerzen waren endlich verschwunden. Da alles nichts brachte, suchte ich den nächsten Arzt auf, denn ich war irgendwie nicht so recht wie der Arzt, davon überzeugt, dass das alles ja allein von meiner verkrampften Schreibtischarbeit kommen kann. Hier ein ganz besonderes Exemplar von Orthopädin: Sie hörte sich noch nicht mal meine Geschichte an, ließ mich nicht aussprechen, sondern renkte mir nur mal wieder mein Brustbein und und verließ mit den Worten „ich verspreche Ihnen, in spätestens zwei Tagen können Sie wieder durchschlafen“, das Zimmer. Völlig hilflos und aufgelöst kam ich aus der Praxis. Ich hatte die Schmerzen und diese Unfähigkeit von Ärzten langsam so satt.

Anlauf Nummer... ich weiß es schon nicht mehr. Meine Mutter empfahl mir einen, wie sie sagte, sehr guten und einfühlsamen Orthopäden. Da ich nach meinem Anruf in der Praxis monatelang auf einen Termin hätte warten müssen, setzte sie sich für mich bei dem Arzt ein und besorgte mir einen früheren Termin. Der Arzt schaute mich zur Abwechslung mal etwas genauer an und verschrieb mir ebenso weitere Physiotherapie. So eine Therapie dauert ja schließlich seine Zeit, und er empfahl mir eine andere Praxis dafür. In dieser Praxis wurde mir noch mal ordentlich gezeigt wo der Hammer hängt: hier wurden mir die sogenannten Schmerzpunkte gedrückt. Vor Schmerz schossen mir sogar bei meinem ersten Termin die Tränen in die Augen. Belächelnd wurde festgestellt, dass ich wohl ein etwas empfindliches Exemplar sei. Vor jedem weiteren Besuch der Praxis hoffte ich sehr, dass wir mal etwas anderes machen würden, als meine Schmerzpunkte auszuquetschen, aber leider wurde daraus nichts. Nach sechs Sitzungen – wie immer keine Änderung, eher im Gegenteil. Nach einiger Zeit wurde zwar der Rücken minimal besser, aber ich bekam extreme Schmerzen in meinem rechten Brustkorb und am Brustbein mittig. Ich konnte weder auf meiner rechten Seite liegen, noch auf dem Bauch. Schon beim geringsten Umdrehen schmerzte es nur noch wie die Hölle. Von da an schlief ich keine Nacht mehr durch. Teilweise schlief ich auch nur noch sehr wenig und oftmals nur noch mit Schmerzmittel. Oft wachte ich extrem geschwitzt auf und musste sogar meine Sachen wechseln. Ich dachte immer, es liegt daran, dass mein Körper aufgrund der Schmerzen so reagiert.

Also wieder zum Arzt. Da dieser allerdings nicht da war, musste ich zu einem Kollegen. Dieser hatte die nächste abenteuerliche Reise für mich vorbereitet: „Sie haben das seltene Tietze-Syndrom, das können Sie ja mal googeln“. Mit hoch dosierten Schmerzmitteln, einer Überweisung zur Physiotherapie und Sportempfehlung ging ich nach Hause. Ein bisschen erleichtert war ich irgendwie schon, denn ich hatte endlich etwas, wie ich dachte, greifbares. Die Symptome schienen sich mit meinen zu decken, auch wenn die Schmerzen meistens auf der anderen Körperseite aufkommen sollten. Also lutschte ich fleißig weiter meine Schmerzbonbons und ging weiterhin zur Physiotherapie – dieses Mal mit dem Ausdrücken der Schmerzpunkte, unter großem Krafteinsatz meiner Physiotante, auf meinen rechten Brustkorb. Rückblickend und mit jetzigem Gewissen um was es sich letzten Endes handelte, finde ich diese Prozedur und diese „Behandlungsmethode“ einfach nur erschreckend... Es könne sich hier nur um einen eingeklemmten Nerv unter dem Brustbein handeln, schließlich kam der Schmerz doch unter meinem zweiten Rippenbogen extrem zum Vorschein. Von einem Tietze-Syndrom, wo sich die Knorpelhaut der Rippenbögen oder dem Brustbein entzündet, hätte sie auch noch nie gehört. Also den Schmerz versuchen weiterhin herunterzuschlucken und die Physiotherapie weiter durchstehen. Die Schmerzmittel, die nun fester Bestandteil meines Alltags waren, halfen mir zunehmend kaum noch...

Nun fing auch noch meine Haut am Hals und Dekolleté an zu jucken und kleine trockene Stellen zu bilden. Ich dachte schon, ich hätte ein Ekzem oder irgendeine leichte Art der Neurodermitis entwickelt. Einige Wochen später fingen beide Unterarme nun auch noch, nach der Arbeit im Garten, unangenehm an zu jucken und zu brennen und wurden sogar leicht rot. Ich dachte auch wieder an eine Allergie und so entschied ich mich dann einen Allergietest machen zu lassen. Natürlich blieb auch dieser ohne Befund. Die Beschwerden aber blieben.

Damit ich mich meinem Krankheitsschema natürlich nicht weiter entfernte, bekam ich mal wieder die nächste größere Erkältung mit nervigem trockenem Husten. Ich suchte meine Allgemeinarztpraxis auf. Der Vertretungsarzt verabschiedete mich schnell mit den Worten „na wenn Sie nur einen Krankenschein brauchen, brauche ich sie ja nicht abhorchen“. Überschüttet mit so viel Nettigkeit und Kompetenz verließ ich die Praxis. Die Erkältung wurde besser, der Husten blieb und das nun schon hartnäckig seit sechs Wochen und man verschrieb mir nun ein Asthmaspray. Kurze Zeit später: eine eitrige Mandelentzündung. Wieder Antibiotikum.

Rückblickend, wenn ich diese Zeilen schreibe, bin ich immer noch sehr schockiert, wie lang sich dieser Weg im Vorfeld zog, wie unglaublich ignorant und desinteressiert so viele Ärzte sind und waren. Hauptsache irgendwas in die Hand gedrückt und schnell wieder wegschicken. Auch während meiner Therapiezeit im Krankenhaus habe ich so unendlich viele Geschichten gehört, in denen es den Menschen genauso erging. Es ist doch einfach schrecklich. Wozu geht man denn überhaupt noch zum Arzt? Und wie oft ich doch dachte, mit all den in den Raum geworfenen „Diagnosen“, dass ich endlich wüsste woran all das liegt und das ich anscheinend endlich etwas dagegen tun könnte...

Da ich nach einiger Zeit immer noch nicht wieder richtig fit war, ging ich wieder zur Allgemeinarztpraxis. Nun landete ich bei einer wirklich tollen Ärztin. Abgesehen davon, dass mich ihre Art und ihre Sprüche jedes Mal zum Lachen brachten, setzte sie sich für ihre Patienten zu 110% ein. Sie hörte sich meinen ganzen gesundheitlichen Leidensweg noch mal an. Sie beschloss ein Blutbild zu machen. Dabei stellte sie fest, dass ich extrem hohe Entzündungswerte im Blut hatte. Diese lagen weit außerhalb der Norm und sind nur bei starken Krankheiten so extrem hoch. Nach etlichen weiteren Blutabnahmen, um die Werte zu kontrollieren und zu überwachen, bekam ich das nächste Antibiotikum verordnet. Wieder half es nichts, die Werte waren immer noch zu hoch. Schließlich zog sie in der Gemeinschaftspraxis die anderen Ärzte zu Rate. Jetzt sollte alles mal durchgecheckt werden, irgendwo muss es doch schließlich herkommen. Nach zweimaligem Röntgen des Brustkorbes wegen meiner Schmerzen und dem Husten, Ultraschall meines Bauches mit allen dazugehörigen Organen, folgte nun die Vorstellung beim Kardiologen. Das EKG war völlig in Ordnung, allerdings stellte der Arzt beim Ultraschall fest, dass sich Wasser in meinem Herzbeutel gesammelt hat. Dieses sollte sich mit Ruhe und Schonung wieder zurückbilden. Also ging ich mit dem nächsten gelben Schein, und leicht geschockt, wieder nach Hause. Das etwas an meinem Herz nicht in Ordnung sein sollte beunruhigte mich doch ganz schön. Nach drei Wochen war es durchstanden, das Wasser war draußen. Ich war froh, dass es doch so schnell ging und das es nun für die Entzündungswerte und die damit verbundenen unendlich vielen Blutabnahmen eine Erklärung und ein Ende gab. Zurück zu meiner tollen Ärztin, mit meiner freudigen Nachricht. Doch meine Blutwerte sollte eine andere Sprache sprechen. Sie waren sogar noch etwas Höher. Ich sagte ihr, dass ich demnach gern ein MRT machen lassen würde, denn oft ist ja beim Ultraschall nicht alles erkennbar. Vielleicht hat sich ja doch noch etwas hinter meinem Herzchen versteckt. Verständnisvoll überwies sie mich erneut zum Kardiologen und dieser besorgte mir einen ambulanten MRT-Termin im Krankenhaus. Nach einer Woche rief mich die Schwester der Praxis an und sagte mir, dass der Arzt gern die Auswertung mit mir besprechen möchte. Ich fragte sie, ob sie mir das Ergebnis nicht schon am Telefon sagen könnte, so hätte ich gewusst woran ich bin oder mir vielleicht sogar, so dachte ich, den Weg in die Praxis gespart. Sie sagte, dass der Arzt mich selber sprechen wollte. Komischer Weise bekam ich nach diesem Telefonat ein komisches Gefühl in meiner Magengegend. Mulmig ging ich am Nachmittag in die Praxis.

Ich erinnere mich auch noch heute an die genauen Worte des Arztes: „Ich habe ihre MRT-Auswertung bekommen, das Wasser ist aus dem Herzbeutel raus und auch so sieht ihr Herz erst mal sehr gut aus, keine Entzündung oder dergleichen wurde eindeutig gefunden.“ … kurze Pause und es wurde Luft geholt. Mein Magen zog sich zusammen. „ ... Allerdings haben wir da im MRT etwas gefunden, was da nicht hingehört“. Ich war völlig erstarrt, mein Kopf völlig leer. Er erklärte mir, dass man nicht genau sagen könne was es ist. Es sei rund 6 cm groß und kann alles mögliche sein. Es muss nichts Schlimmes sein, aber ausschließen kann man es auch wirklich erst durch weitere Untersuchungen. Und dann dämmerte mir, was er wirklich meint. Die Tränen kündigten sich nicht leise an, sie brachen aus mir heraus. Der Arzt riet mir, es im Krankenhaus abklären zu lassen. Er bat mir an, sich zu erkundigen, welches Krankenhaus schnellstmöglich einen Platz für mich frei hat und welches auf meine benötigten Untersuchungen spezialisiert ist. Ungeduldig wartete ich Tag für Tag auf meinen Termin für das Krankenhaus.

Zwei Tage nach meinem 28. Geburtstag sollte es dann so weit sein: ich überschritt unmerkbar die Schwelle in einen neuen Lebensabschnitt, der alles für immer verändern sollte...